Enzo Siffredi – Sometimes mit Wurzeln zu Moby und Bessie Jones

Als ich Enzo Siffredis Track „Sometimes“ zum ersten Mal gehört habe, war mir sofort klar: Das Stück hat das Zeug zum Sommerhit.

Und tatsächlich: „Sometimes“ steht seit Wochen an der Spitze der Deep House Charts bei Beatport. Der sparsame Groove, die hypnotische Basslinie – das alles wirkt so frisch und innovativ – und dennoch vertraut, ja fast urwüchsig.

Irgendwas hat Enzo Siffredi hier verdammt richtig gemacht. Es scheint so, als sei er dem Trend immer einen Schritt voraus. Dabei führt er uns mit „Sometimes“ weit zurück an die Wurzeln grooviger Musik, auf Baumwollplantagen irgendwo im Süden der USA.

Man könnte fast glauben, die urbane Tanzmusik kehre aufs Land zurück.

Enzo Siffredi, geheimnisvoller Produzent

„Ich bin nicht wichtiger als ein Grashalm, doch sind die Sterne nicht weiter entfernt, als der Stuhl, auf dem ich sitze“ sagt Enzo Siffredi über sich. Viel ist nicht über ihn zu erfahren, er selbst bleibt so geheimnisvoll wie seine Grooves.

Eigenen Aussagen nach begann das Leben des DJs in einem dunklen Kellerloch im Berliner Untergrund, umgeben von prokastrinierenden Tunichtguten, Frauenhelden und Nachtschwärmern.

Doch etwas zog ihn fast magisch aus dieser Umgebung – das schummerige Licht um einen Mann, der zärtlich die Tasten seines Pianos streichelte. Die Musik wurde für Enzo zum Lebensstil, sie gab ihm Identität.

Wir werden wohl nicht erfahren, wer dieser geheimnisvolle Pianist war, der Enzo Siffredis Leben auf den Kopf gestellt hat. Man möchte an einsamen Barpianisten denken, der den restlichen Gästen nach Mitternacht einen letzten Blues spielt.

Coverfoto Enzo Siffredi - Sometimes
Coverfoto Enzo Siffredi – Sometimes

Doch passt das zu Siffredi, der sich der Weiterentwicklung der elektronischen Musik und Clubkultur verschrieben hat, dessen Motto lautet: „There can be no turning back now, only forward“?

Für „Sometimes“ griff Siffredi auf jeden Fall ganz tief in die Schatzkiste der amerikanischen Musikgeschichte.

Bessie Jones, die Stimme aus der Vergangenheit

Die Vocal-Samples entstammen dem 1960 von Bessie Jones gesungenen Song „Sometimes“.

Aufgenommen wurde die Stimme von Bessie Jones damals von Alan Lomax. Sein Name mag hierzulande weitgehend unbekannt sein.

Aber für die us-amerikanische Musiktradition hat Lomax vergleichbares geleistet, wie die Brüder Grimm für die Volksmärchen im deutschsprachigen Raum. Er sammelte für die Library of Congress Folkmusic aus allen Teilen der USA und gilt als Begründer des amerikanischen Folksong Revivals. Brian Eno bezeichnete Alan Lomax sogar mal als einen der Urväter der World Music.

„Sometimes“ ist in der Version von Bessie Jones ein A Cappella-Stück im Call-and-Response-Stil der Südstaaten. Die Melodie beschränkt sich auf wenige Noten, dafür steht der Groove im Vordergrund.

Ideale Vorraussetzungen für einen Club-Remix. Durch das sparsame Arrangement eignet sich das Stück natürlich hervorragend zum Samplen.

Moby mit Honey im Jahr 1998

Das erkannte Moby bereits im Jahr 1998 als er das Sample aus „Sometimes“ mit seinem Song „Honey“ populär machte.

Honey veröffentlichte Moby auf dem Album „Play“.

Das dürfte Asle aka Jens Asle Gjone Bjørn inspriert haben, der das Sometimes-Sample Mitte des Jahres 2014 für einen Deephouse-Kracher verwendete. Diese Fassung spielte ich in zwei Podcastfolgen:

Wie dem auch sei, Siffredis Umgang mit dem Sample ist subtiler, tiefgründiger, geheimnisvoller.

Er berührt den ursprünglichen, aus Handclaps bestehenden Groove des Originals kaum. Den Original-Sound unterlegt Siffredi mit einem packenden Bass-Groove, der ein wenig so klingt, als hätte er ihn sich vom Stück „De Drums“ des Jazz-Pianisten Keith Jarret geborgt.

Siffredi erwähnt seltsamerweise das Klavierspiel von Paolo Conte als Einfluss für „Sometimes“. Ich habe keine Ahnung, ob er das ernst meint, oder ob das nur ein weiteres Verwirrspiel ist, um sich nicht in die Karten schauen zu lassen.

Auf dem Dancefloor verflüchtigen sich solche Gedanken jedoch im nu, denn „Sometimes“ macht einfach nur Spaß.

Deshalb spielte ich das Lied auch schon mehrfach im Podcast:

Und garantiert nicht zum letzten Mal 😉