Verhörer! Ein falsch verstandener Liedtext ergab Houseschuh, statt „I’ll House You“

Der Name Houseschuh beruht auf einem Missverständnis, einem typischen Verhörer.

Ein befreundeter DJ scherzte immer, dass man den Songtext von „I’ll House You“ auch als „Mein Houseschuh“ verstehen könnte. Daran erinnerte ich mich, als ich einen Namen für mein Internetradio suchte:

„Houseschuh“,
klingt pfiffig,
weckt die Assoziation der Schuhe auf der Tanzfläche.

OK, also nannte ich das Webradio Houseschuh!

Nicht ahnend, dass sich bereits Generationen von Gehirn-Forschern mit dem Phänomen der Verhörer beschäftigt haben. Darum geht es auf dieser Seite von Houseschuh.com

Warum verhört sich unser Gehirn?

Wenn ein Lied aus vollem Hals mitgesungen wird, man nur leider im Text völlig daneben haut, ist ein besonders peinlicher Moment erreicht.

Es ist dann gar nicht so einfach, vom Fehler überzeugt zu werden. Schließlich hat man ja ganz genau gehört, was da gesungen wird. Falsch gedacht.

Zur Beruhigung: Das passiert jedem mal und zwar öfters, als man denkt beziehungsweise zugibt.

Physiologisch ist das recht einfach zu erklären: Das Gehirn versucht ständig, sich zu orientieren. Dazu gehört dass es sich in fremden Umgebungen möglichst schnell zurechtfinden kann. Die Orientierung des Gehirns geschieht über die Reize. Neben Fühlen, Sehen, Riechen und Schmecken ist Hören der entscheidende Reiz.

Die Fähigkeit, aus chaotischen, unverständlichen und fremden Klängen möglichst schnell Bekanntes ableiten zu können, ist bis heute überlebenswichtig. Die Sprache – und gesungene Sprache als verschärfte Form – ist entwicklungsgeschichtlich ein sehr junger Reiz, den das Gehirn zu verarbeiten hat.

Mondegreens oder Soramimi – falsch verstandene Songtexte

Das Phänomen der „falsch verstandenen Liedtexte“ hat sogar einen Namen. Auf Englisch wird es „Mondegreen“, auf Japanisch „Soramimi“ genannt.

Der englische Begriff ist rekursiv. Denn das „Mondegreen“ ist selbst eine falsch verstandene Textzeile eines Gedichts. Richtig lautet der Text: „Laid him on the green“, daraus wurde der Verhörer „Lady Mondegreen“. Der japanische Begriff bedeutet übersetzt „Leeres Ohr“.

Gesang ist eine enorme Herausforderung für das Sprachverarbeitungszentrum. Fremdsprachliche Songtexte machen es noch schwieriger einen Sinn zuzuweisen. Diese mehrfache Verklausulierung ist im Grunde ein völlig fremder Reiz für das Gehirn. Anstatt diesen Reiz zu ignorieren, setzt das Gehirn alles daran, so viel wie möglich zu verstehen.

Und so wird „I’ll House You“ schnell mal „Mein Hausschuh“. Dabei nützt es wenig, in der englischen Sprache einigermaßen bewandert zu sein. Das „House“ als „Haus“ wäre noch übersetzbar. Was aber „to house“ heißt, wissen wiederum die Wenigsten.

Zwar gibt es das deutsche Wort „Hausen“, was so viel bedeutet wie „Wild und unordentlich wohnen“. Ebenso gibt es das deutsche Wort „Einhausen“. Das bezeichnet einen Schutz um eine Maschine.

Aber „to house“ ist sogar den meisten Englischsprachigen fremd. Zur Aufklärung: Es bedeutet so viel wie „jemanden bei sich wohnen lassen“. Obwohl „I’ll House You“ als Text eines Housesongs eher die Bedeutung hat: Ich lasse Euch feiern – zumindest nach meinem Verständnis.

Um nun irgendeinen Wiedererkennungswert zu erhalten, interpretiert das Gehirn „I’ll House You“ in „Mein Houseschuh“ um. Ob es Sinn macht, dass ein englischer Interpret über deutsche Hausschuhe singt, ist wiederum eine ganz andere Frage.

Das funktioniert auch mit visuellen Reizen: Das Gehirn ist immer darauf bedacht, in chaotischen Strukturen Bekanntes zu entdecken. Man kann das auch ganz leicht selbst ausprobieren: Auf einem chaotischen Punktmuster, beispielsweise einer Raufasertapete, erscheinen früher oder später Gesichter.

So lustig die Vergucker, Soramimis oder Verhörer auch sind, es ist doch sehr bestaunenswert, dass unser Gehirn diese Bedeutungszuweisung überhaupt beherrscht.

Aus einem Verhörer wird eine Marke

Und die Geschichte des Namens Houseschuh ging für mich weiter. Nachdem ich Houseschuh ungefähr drei Jahre lang für das Webradio verwendet hatte, sah ich einen Flyer mit einer fremden Houseschuh-Party. Erst dadurch wurde mir bewusst, wie sehr ich in der Zwischenzeit an diesem Namen hing.

Ein halbes Jahr später trug das Patentamt den Namen „Houseschuh“ als Marke ein. Ja, so sehr ist mir der Name ans Herz gewachsen.